Internationaler Strafgerichtshof unterstützt Frieden und Sonderjustiz

Im Rahmen seiner laufenden vorläufigen Untersuchung der Lage in Kolumbien unternahm eine Delegation der Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs, die höchste gerichtliche Instanz der Welt zur Beurteilung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, im Januar 2020 eine Mission in Kolumbien. Ziel dieser Mission war es, dass die Staatsanwaltschaft konstruktive Gespräche mit den Regierungsbehörden führte, um den Fortschritt der nationalen Verfahren in Bezug auf die im Zwischenbericht von November 2012 benannten Themen zu bewerten. Darüber hinaus führte die Staatsanwaltschaft wertvolle Gespräche mit Vertretern internationaler Organisationen und Mitgliedern der Zivilgesellschaft. In Kolumbien gibt es aufgrund des über 50jährigen innerstaatlichen Konfliktes ein großes Interesse an einer Aufarbeitung.

Die Staatsanwaltschaft führte auch Konsultationen zur Entwicklung der aktuellen nationalen Bemühungen um die Rechenschaftspflicht für Straftaten nach dem Römischen Statut, einschließlich der von der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, kurz Sonderjustiz (JEP), sowie die Verfahren vor den ordentlichen nationalen Gerichten. In der Erklärung des Internationalen Strafgerichtshofes heißt es, dass die Staatsanwaltschaft die weitere konstruktive Zusammenarbeit mit der kolumbianischen Regierung, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft aufrecht erhalten wird und vor allem ihre Unterstützung für den Friedensprozess in Kolumbien und für die Umsetzung umfassender Maßnahmen zur Erreichung der Gerechtigkeit bekräftigt.

Die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden ist eines der elementaren Säulen der zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP vereinbarten Friedensabkommens, dass unter internationaler Begleitung zustande kam. In der Sonderjustiz haben alle im innerstaatlichen Konflikt beteiligten Akteure die Möglichkeit, an der juristischen Aufarbeitung der im Konflikt begangenen Verbrechen mitzuwirken. Die Sonderjustiz ist Bestandteil des Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung.

In diesem Zusammenhang weist die Staatsanwaltschaft erneut auf die Bedeutung der JEP und die Notwendigkeit hin, ihre Integrität und Unabhängigkeit zu wahren sowie die erforderlichen Ressourcen und Unterstützung bereitzustellen, um dieses wichtige Mandat auszuführen. Die Staatsanwaltschaft des Internationalen Gerichtshofes ist bereit, die Bemühungen der JEP um die Entwicklung geeigneter Mechanismen, Techniken und Verfahren mit dem Ziel zu unterstützen, Entscheidungen zu treffen, die sowohl rechtlich als auch sachlich mit den Zulässigkeitsanforderungen des Römischen Statuts vereinbar sind. Die Staatsanwaltschaft betont auch, wie wichtig es ist, strenge und wirksame Maßnahmen und Systeme für die ordnungsgemäße Umsetzung, Überprüfung und Überwachung der von der JEP verhängten Sanktionen zu entwickeln, insbesondere derjenigen, die die Freiheit einschränken.

Schließlich betont die Staatsanwaltschaft, wie wichtig es ist, dass die nationalen Stellen uneingeschränkt mit der Sonderjustiz JEP zusammenarbeiten, indem sie auch die für die Erfüllung ihres Auftrags erforderlichen Informationen, insbesondere die Übermittlung der in allen Verfahren gesammelten Informationen, zügig bereitstellen. Hierbei sei erwähnt, dass es Simón Trinidad bisher aufgrund der Weigerung der USA nicht möglich ist, trotz seiner geäußerten Bereitschaft, mit der Sonderjustiz zusammen zu arbeiten. Er befindet sich weiterhin im Hochsicherheitsgefängnis ADMAX Colorado in Florence (USA), obwohl er als ehemaliges Mitglied der FARC-EP, einen Anspruch auf Anhörung und Mitwirkung in der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) in Kolumbien hat.

Mutter von Simón Trinidad gestorben

In einer Erklärung der Partei FARC (1) wird der Tod von Alix Pineda de Palmera bekanntgegeben, der sich am gestrigen 27. Dezember in der nordkolumbianischen Stadt Valledupar ereignete. Sie war die Mutter von Ricardo Palmera Pineda, besser bekannt als Simón Trinidad.

Die Mutter von Simón Trinidad schaffte fast die Jahrhundertgrenze und war überraschend vital mit geistiger Klarheit. Die Partei FARC schildert, dass sie zu ihrem letzten Geburtstag die Familie bat, ihr bei einer Reise in die USA zu helfen, um in das Hochsicherheitsgefängnis Florence, Colorado, zu fahren, um ihren Sohn zu sehen. Sie war nicht sicher, ob sie die 100 Jahre schaffen würde und wollte ein letztes mal Simón Trinidad umarmen und sich verabschieden.

Simón war sehr emotional berührt, als seine Augen ein letztes mal dem Angesicht seiner Mutter folgten, als sie sich verabschiedeten. Auch er dachte, es wäre wohl das letzte Treffen gewesen, von seiner Mutter, eine Frau mit beispielhaften Charakter und legendärer Schönheit.

Wir wissen von ihrem Leiden als Mutter, die mit einer beispiellosen Würde konfrontiert war. Zusammen mit ihrem Ehemann Ovidio mussten sie Zuflucht in der Stadt Asunción in Paraguay suchen, als in Cesar und in Kolumbien schwierige Zeiten herrschten. Immer die politischen Entwicklungen der inneren Konfrontation im Blick, bereitete sie sich auf die Rückkehr nach Kolumbien und nach Valledupar vor, als die Friedensgespräche weit fortgeschritten waren und es kein zurück mehr geben würde.

Dort im Ausland, im Exil, verlor sie ihren Lebenspartner, den Vater ihrer Kinder und musste ihn weit weg von seinem Land begraben. Ihre Enkelin Alix, die Tochter, die Simón im Krieg hatte, fiel ebenfalls wegen eines ominösen Bombenangriffs, als sie ihren Wunsch erfüllte, die Mutter im Dschungel des Südens des Landes zu besuchen.

Alix Pineda de Palmera ist in einem Alter von 99 Jahren nach einem Leben voller Gaben und Güte gestorben. Genau wie die Familie selbst, wie Freunde und wie Genossinnen und Genossen, in der Partei FARC sowie in anderen Organisationen und Komitees zeigen wir Solidarität und Bedauern über den Tod und geben unsere Kraft an Simón Trinidad, seine Familie, an Valledupar und ganz Kolumbien.

(1) https://partidofarc.com.co/es/actualidad/el-adi%C3%B3s-una-madre-698

Interview mit Andrés París

Auf dem Medienportal Colombia Informa gibt es ein Interview (1) von Danna Urdaneta mit Andrés París [bürgerlicher Name Jesús Emilio Carvajalino], der einen Teil der ehemaligen FARC-EP-Kämpfer*innen um sich schart, die sich von der FARC-Partei nicht mehr vertreten fühlen. Er selbst war hochrangiges Mitglied der ehemaligen Guerilla, ist aber nun unzufrieden mit der Führung der Partei und hat ihr den Rücken zugekehrt. Mit rund 2000 ehemaligen Kämpfer*innen der FARC-EP, denen es ähnlich geht, versucht er derzeit einen alternativen Weg der Wiedereingliederung. Mit in diesen Prozess ist auch Sonia involviert, eine ehemalige politische Gefangene der FARC, die in den USA mehr als 11 Jahre im Gefängnis verbrachte. In dem Interview geht es um die derzeitige Mobilisierung des kolumbianischen Volkes im Rahmen des Nationalstreiks, aber auch um Wahlen und die Situation der politischen Gefangenen, einschließlich Simón Trinidad.

Dabei ist interessant, dass Andrés París von mehr als 600 politischen Gefangenen spricht, die sich der FARC zugehörig fühlen und immer noch inhaftiert sind. Es ist ein großes Problem, dass derzeit in den kolumbianischen Gefängnissen viele Gefangene sind, deren rechtlicher Status immer noch ungeklärt ist. Dazu gehört eben auch die Zahl der zur FARC gehörenden inhaftierten Personen. Einige konnten sich nicht mehr in die Listen einschreiben, andere wiederum wurden von Regierung oder FARC nicht als ihre Mitglieder anerkannt. Und selbst jene, die mittlerweile von der Regierung als politische Gefangene der FARC anerkannt sind, gibt es 160-170, die sich noch immer in Haft befinden, obwohl das Friedensabkommen mehr als drei Jahre alt ist.

Dieses Problem der Anerkennung drückt sich auch darin aus, dass die FARC in einem jüngsten Kommuniqué des Nationalen Politischen Rates, dem höchsten Gremium der FARC-Partei, von einer Zahl von 171 Gefangenen ihrer Organisation spricht: „Wir grüßen unsere Genossen, die nach wie vor Gefangene sind, von denen 171 vom Staat als ehemalige Mitglieder der FARC-EP anerkannt sind, und fordern den Staat auf, sie gemäß der Vereinbarung unverzüglich freizulassen.“ (2) In einem Gruß von Tanja Nijmeijer an unser Komitee spricht sie selbst von mehr als 300 politischen Gefangenen in den Gefängnissen des kolumbianischen Regimes. 160 von ihnen wurden bereits von der Regierung bestätigt, also anerkannt. (3)

Wir übersetzen nun die Passagen, in den Andrés París Worte über die politischen Gefangenen und Simón Trinidad verliert:

Colombia Informa: Am 15. September letzten Jahres sandten sie einen Brief an Emilio Archila, Hoher Präsidentenberater für Stabilisierung und Konsolidierung, und an Andrés Felipe Stapper, Direktor der Agentur für Wiedereingliederung und Normalisierung, wo sie vorschlugen, politische Gefangene, die von den akkreditierten Listen ausgeschlossen waren, sowie andere ehemalige Kämpfer anzuerkennen, die zum ersten Mal nicht anerkannt wurden. Was hat sie motiviert zuzugeben, dass einige von den Listen gestrichen wurden, andere nicht einmal beim ersten Mal erkannt wurden, über wie viele politische Gefangene sprechen wir?

Jesus Carvajalino: Die Frage der Gefangenen ist ein weiterer Aspekt der administrativen Verwirrung und die unklare Art und Weise, wie die Führung der Rose [FARC-Partei, Logo der FARC-Partei ist die Rose] die Umsetzung der Vereinbarungen durchführt. Mehr als 600 Personen, die sich der FARC zugehörig fühlen, verbleiben in Gefängnissen, ohne ihren rechtlichen Status zu klären. Das liegt daran, dass die Listen geschlossen wurden, bevor sich alle ehemaligen gefangenen Kämpfer registrieren konnten. Unordnung und Vernachlässigung charakterisierten diese Arbeit, mittels dem sie unsere Leute durch Amnestie aus den Gefängnissen holen.

C.I.: Sie waren mehrmals in den Caguán-Dialogen [Friedensgespräche von 1999-2002] mit Simón Trinidad zu sehen. Was können sie uns über ihre Erfahrungen mit ihm erzählen und was ist in Havanna passiert, dass er nicht in die Friedensvereinbarungen aufgenommen werden konnte?

J.C.: Simón Trinidad war immer in den Dialogen von Havanna anwesend. Seine Freiheit wurde immer gefordert. Die kolumbianische Regierung und Gringos [USA] versprachen, ihn freizulassen, wenn der Friedensprozess voranschreitet. Die Vereinbarung wurde unterzeichnet und Simón wurde nicht freigelassen. Es ist offensichtlich, dass es in der Verhandlungsstrategie der kolumbianischen Regierung auch darum ging, Versprechungen aufzuschwatzen, auch um in diesem Punkt zu täuschen. Und Timoschenko hat nicht versucht, den Fall von Simóns Freilassung zur Angelegenheit einer roten Linie zu bestimmen.

C.I.: Das Wahlergebnis vom 27. Oktober bescherte Julián Conrado den Sieg in Turbaco. Und genauso gab es einige alternative Ausdrücke, die Räume der in den Regionen Kolumbiens konstituierten Macht eroberten. Dies sind wertvolle Gewinne, aber nicht ausreichend. Können Sie die 8 Millionen Stimmen, die Petro erhalten hat, den Raumverlust des Uribismus [rechter Politikstil des ehemaligen Präsidenten Uribe] bei den letzten Wahlen und den gegenwärtigen nationalen Streik als symptomatisch ansehen?

J.C.: Wahlen sind ein Raum, um die Korrelation von Kräften in der Politik zu messen. In der Tat haben die alternativen Bewegungen Fortschritte gemacht, aber auch die liberale Partei, die Teil des Establishments ist. Der Uribismus unterhält eine große Wahlbasis und geht auf Antioquia zurück, wo er entstand. Die Wahlen reichen jedoch nicht aus, um die Änderungen durchzusetzen.

Spaltungen und Opportunismus führen dazu, dass sich die Korrelation der Kräfte in den Organisationen der Wahl der Bevölkerung nicht gut widerspiegelt. In dem Nationalstreik wird deutlich, dass die Menschen in Kolumbien aus Protest gegen die Wirtschaftskrise protestierten. Und obwohl die Linke und die Alternativen im Wahlsektor auf dem Vormarsch sind, hat der Streik gezeigt, dass es in diesen Kräften sehr gravierende Lücken gibt, die keine Organisation und keinen Einfluss auf die Massen aufbauen.

Quellen:
(1) http://www.colombiainforma.info/mas-de-600-personas-de-farc-siguen-en-las-carceles-andres-paris/
(2) http://partidofarc.com.co/es/actualidad/declaraci%C3%B3n-pol%C3%ADtica-693
(3) https://simontrinidad.blackblogs.org/2019/12/06/gruss-von-der-internationalistischen-kaempferin-tanja-nijmeijer-alexandra-narino/

Gruß von der internationalistischen Kämpferin Tanja Nijmeijer/Alexandra Nariño

Ich begrüße die Veröffentlichung dieser Seite in internationaler Solidarität mit unserem Genossen Simón Trinidad, der zu Unrecht in einem Hochsicherheitsgefängnis in den Vereinigten Staaten inhaftiert ist.

Der Mann aus Eisen, sagen wir zu ihm. Ein waschechter Revolutionär. Ein Mann der, für die, die ihn kennenlernten, den Nerv getroffen hat. Wir sind berührt von seiner Geschichte, denn es ist die Geschichte eines Mannes, der gegen die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems in all seinen Dimensionen gekämpft hat und weiter kämpft.

Ich traf Simon 2003 in einem Lager, wo er einen Kurs in politischer Ökonomie für die Guerilleros der 19. Front und der 39. Front der FARC-EP gab. Ich war vor ein paar Tagen aus der Stadt angekommen, immer noch voller Zweifel und Bedenken gegenüber der Guerilla, ihrer realen Kampfbereitschaft, ihrer Intentionalität und ihrem politischen Ziel.

Ungefähr vier Tage lang hatte ich die Gelegenheit, Unterricht bei Genosse Simón Trinidad zu besuchen. Ich lehnte mich leise zurück und beobachtete die Geduld, mit der dieser unbekannte Mann die Guerilleros und Guerilleras unterrichtete. Auf tausendfache Weise versuchte er der Guerrillerada (1) zu erklären, auf welchen Einheiten die Macht beruhte: auf der Polizei, der Armee und den Medien. Es gab viele Leute, die in diesem Unterricht nicht lesen oder schreiben konnten und er bemühte sich, es so zu erklären, dass sie ihn verstanden.

Ich war tief berührt von den Anstrengungen, die er unternahm, um diese Muchachos (2) auszubilden und ich sagte mir: Eine Organisation, die sich so für die Ausbildung ihrer Kämpfer interessiert, ist es, weil sie ein bestimmtes politisches Projekt hat. Ich denke immer, dass diese erste pädagogische Erfahrung in der FARC-EP für mich sehr wichtig war, um zu realisieren, dass ich in den Bergen bleiben wollte, um für eine bessere Welt zu kämpfen.

Zu diesem Zeitpunkt und trotz der Unterzeichnung des endgültigen Abkommens von Havanna befinden sich immer noch mehr als 300 politische Gefangene in den Gefängnissen des kolumbianischen Regimes. 160 von ihnen wurden bereits von der Regierung bestätigt, weshalb es keinen rechtlichen Grund gibt, warum sie noch nicht freigelassen wurden. 40% aller Anträge auf Freilassung werden in der JEP (3) abgelehnt. Die Solidarität mit diesen Gefangenen ist von wesentlicher Bedeutung, damit sie sich nicht allein fühlen und wissen, dass die Welt ihre Augen auf sie hat. Es ist unvorstellbar, dass es drei Jahre nach Unterzeichnung des Abkommens noch immer freiheitsberaubte Farianos und Farianas (3) gibt. Unsere Solidarität gibt ihnen Kraft, Energie und Mut, sich dieser unsinnigen Situation weiterhin zu stellen.

Tanja Nijmeijer / Alexandra Nariño (Ehemalige Kämpferin der FARC-EP)

(1) Guerrillerada ist die Bezeichnung für alle Kämpferinnen und Kämpfer der Guerilla
(2) Muchachos steht hier für junge Leute
(3) JEP (Jurisdiccion Especial para la Paz) ist die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden im Rahmen des Friedensabkommens
(4) Die FARC-EP bezeichnet sich selbst als „farianische“ Gemeinschaft

Zur Situation in den kolumbianischen Gefängnissen

Ende Oktober erschien auf dem alternativen kolumbianischen Nachrichtenportal Contagio Radio eine Reportage über die extreme Situation in den kolumbianischen Gefängnissen. Noch immer sind Gefangene der ehemaligen FARC inhaftiert, obwohl das Friedensabkommen schon über drei Jahre alt ist und alle politischen Gefangenen der ehemaligen Guerilla das Recht auf Anerkennung und Anhörung im Rahmen einer potentiellen Amnestie haben.

Der Pressedienst poonal, der regelmäßig Meldungen und Hintergrundberichte aus Lateinamerika in deutscher Sprache veröffentlicht, übersetzte die Reportage in die deutsche Sprache. Hier geht es zur Reportage „Überleben im kolumbianischen Gefängnis“ auf poonal, Foto und Reportage von José Rocamora (Contagio Radio).

Simón Trinidad – der eiserne Mann

Wenn wir von beeindruckenden und bemerkenswerten Menschen sprechen, darf Simón Trinidad nicht fehlen. Angesichts seiner jahrelangen Inhaftierung im wohl sichersten Gefängnis der Welt, im ADX Florence in Colorado (USA), dann wird deutlich, dass es enorme Kräfte braucht, um sich nicht brechen zu lassen. Er ist ein Mann aus Eisen, so schreibt es Marcos Ana, bekannter spanischer Schriftsteller und Kommunist, der 23 Jahre unter Franco inhaftiert war. Der eiserne Mann ist eine Metapher dafür, dass Simón Trinidad stark und unbesiegbar ist, trotz seines Leidens und der Verzweiflung, sein ganzes Leben hinter Gittern zu verbringen.

Der eiserne Mann ist auch ein Buchtitel des kolumbianischen Journalisten Jorge Enrique Botero über das Leben und die extremen Bedingungen von Simón Trinidad, in denen er gefangen gehalten wird. Es beschreibt, wie Ricardo Palmera sich der revolutionären Organisation FARC-EP anschließt und den Namen des lateinamerikanischen Freiheitskämpfers Simón Bolívar übernimmt und so zu Simón Trinidad wird. Es handelt aber auch von der traurigen Nachricht vom Tod seiner Partnerin Lucero Palmera, Guerillera im Südblock der FARC-EP und der gemeinsamen jungen Tochter Alix, bei einem Bombardement der kolumbianischen Armee im Dschungel Putumayos. Simón Trinidad, der eiserne Mann…

Der Mann aus Eisen

Simón Trinidad, Bruder so vieler
Kämpfe und Hoffnungen, eingesperrt in
einem Gefängnis der Vereinigten Staaten.
Mit der traurigen Amtsgewalt
23 Jahre im Gefängnis erlitten zu haben
und die Todesstrafe in den Gefängnissen des
franquistischen Spaniens,
sende ich dir, von Herz zu Herz,
eine brüderliche Umarmung und
den gemeinsamen Stolz unseres Kampfes
für Freiheit und Menschenwürde.
Möge die Entmutigung dich niemals brechen,
Simón. Wir holen dich aus dem Schatten heraus,
wir werden dich der Freiheit
und dem Leben zurückgeben,
dass es hundert Völker gibt,
die deinen Namen verkünden
und die dich mit ihren roten Lampen suchen,
voranschreitend aus den fünf Teilen der Erde.
Immer im Kampf,
Immer bis zum Sieg.

Marcos Ana

Zur Wichtigkeit von Solidaritätsarbeit für politische Gefangene – Beispiel Simón Trinidad

Zur Wichtigkeit von Solidaritätsarbeit für politische Gefangene – Beispiel Simón Trinidad

Für politische Gefangene ist die Solidaritätsarbeit eine enorm wichtige Sache. Sie baut moralisch auf und unterstützt direkt die Gefangenen, die aufgrund ihres politischen Bewusstseins sowie ihres politischen und sozialen Handelns in den Gefängnissen inhaftiert sind. Es ist ein Signal an sie, dass sie nicht alleine sind und dass es da draußen Menschen gibt, die sich für ihre Interessen und für ihre Freiheit einsetzen. Denn ein Ziel der kapitalistischen Staaten ist es, mit der Form des politischen Strafrechts Angst zu verbreiten und damit Widerstand zu verhindern. Gerade in Bezug auf Simón Trinidad und seine Anklagepunkte des Drogenhandels, die letztendlich nicht aufrecht gehalten werden konnten bzw. seiner angeblichen Beteiligung an der Entführung von US-Bürgern, wird dies deutlich. Zum einen gilt er somit als gefährlicher Krimineller und Drogenhändler, auf der anderen Seite als ein gefährliches ehemaliges führendes Mitglied der Guerilla FARC-EP. Jegliche Solidarisierung und Solidaritätsarbeit soll so aufgrund seiner vorgeworfenen Delikte politisch entwertet und kriminalisiert werden. Schon seit vielen Jahren wurde die FARC von den bürgerlichen Medien und Regierungen politisch delegitimiert. Es ist ein übliches Verfahren, politische Aktivitäten als kriminelles Verhalten darzustellen. Diese Politik der Repression und Einschüchterung darf nicht akzeptiert werden, sondern wir müssen entschieden dagegen vorgehen sowie Solidarität und Widerstand zeigen.

Deswegen liegt eine der Hauptaufgaben von Solidaritätsarbeit auch darin, eine politische Gegenöffentlichkeit herzustellen und über die wahren Gründe von politischer Betätigung, Kriminalisierung, Überwachung und Gefängnis zu informieren. Die Solidaritätsarbeit muss begreiflich machen, warum der Staat ein Interesse an der Verfolgung und Inhaftierung von politisch Aktiven hat. Im Fall von Simón Trinidad ist es zum Beispiel die politische und soziale Situation in Kolumbien, die jahrhundertelange Unterdrückung der einfachen Menschen, die Gründung einer aufständischen Bewegung wie der FARC-EP und die anhaltende Repression durch die Oligarchie und den kolumbianischen Staat. Simón Trinidad, der im Jahr 2004 in Ecuador festgenommen wurde, den man im Dezember 2004 an die USA auslieferte und der seitdem im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado inhaftiert ist, zeigt mit seiner Biographie und seinem politischen Wirken, wie politischer und revolutionärer Kampf aussehen können und wie wichtig aber auch nach jahrelanger Haft die Solidaritätsarbeit als Teil des Nicht-Vergessenwerdens ist. Dabei ist Solidaritätsarbeit nicht nur das Schaffen einer Gegenöffentlichkeit, sondern auch die kontinuierliche Begleitung der Gefangenen, die alltäglich der Repression und das über Jahre hinweg ausgesetzt sind.

In den letzten Jahren, aufgrund des Friedensprozesses zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung, der 2016 in einem Friedensabkommen und der Möglichkeit nach Amnestie endete, zeigte sich besonders international die verstärkte Arbeit und Forderung nach einer Freilassung von Simón Trinidad. In einigen Ländern wurden nun Kampagnen gegründet, um auch international den Druck für eine Freilassung aufzubauen. Als ehemaliges Mitglied der FARC-EP und mit seinem Bekenntnis der Einwilligung und Zuarbeit zur Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, der im Friedensvertrag vereinbarten Sonderjustiz, die Amnestie für diejenigen bewilligt, die an der Aufarbeitung des Konfliktes beteiligt sind, muss auch er angehört, in sein Heimatland Kolumbien gebracht und schließlich freigelassen werden. Doch wir wissen, dass in Ländern wie den USA und Kolumbien oftmals (internationaler) Druck notwendig ist, um den Forderungen zum Erfolg zu verhelfen.

Neben Kolumbien selbst formierte sich bereits im Jahr 2008 in den USA das Komitee „National Committee to Free Ricardo Palmera“. Es mobilisierte zu den Gerichtsverhandlungen und führte Öffentlichkeitsarbeit durch. In Deutschland wurde ab dem Jahr 2011 über den Fall Simón Trinidad mittels eines Blogs informiert. Zum 65. Geburtstag von Simón Trinidad am 30. Juli 2015 gab es eine Kampagnenaktion für seine Freilassung, zum einen die Bitte im Weißen Haus anzurufen und die Botschaft „Bitte Präsident Obama, geben Sie Simón Trinidad eine Geburtstags-Überraschung und lassen Sie ihn frei, damit er an den kolumbianischen Friedensverhandlungen teilnehmen kann. Unterstützen Sie den Frieden in Kolumbien! Freiheit für Simón Trinidad!“ zu hinterlassen und zum anderen eine Geburtstagskarte an Simón Trinidad in das Gefängnis zu senden. Im Jahr 2017 gab es eine Tour des Anwalts von Simon Trinidad, Mark Burton, in Europa im Rahmen der neugegründeten internationalen Kampagne „Se escribe Dignidad, se lee Simón Trinidad“ („Man schreibt Würde, man liest Simón Trinidad“). Dabei besuchte er unter anderem Brüssel, Berlin und Madrid und traf sich beispielsweise mit der Abgeordneten der Partei Die Linke Heike Hänsel oder dem Europaabgeordneten Javier Couso. Zudem gab es besonders in Spanien zahlreiche Veranstaltungen.

Im Rahmen der internationalen Kampagne „Se escribe Dignidad, se lee Simón Trinidad“ – „Man schreibt Würde, man liest Simón Trinidad“ hat sich nun auch ein Komitee in Deutschland gegründet. Zeigen wir Simón Trinidad und den anderen politischen Gefangenen, dass sie nicht alleine sind.

Freiheit für Simón Trinidad!

Die Genfer Konventionen und die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) im Fall von Simón Trinidad

Die Genfer Konventionen und die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) im Fall von Simón Trinidad

Für die ehemalige FARC-EP war die Anerkennung als politischer Akteur bzw. Kriegspartei eine ihrer Hauptaufgaben. Besonders in den letzten Jahren ihres Bestehens, noch vor dem Friedensprozess mit der Regierung von Juan Manuel Santos ab dem Jahr 2012, wurde sie als terroristische Organisation bezeichnet und ihr jeglicher politischer Status abgesprochen. Dabei ist in Dokumenten und Gesetzen der Vereinten Nationen sowie in den Genfer Konventionen geregelt, wie mit Kriegszustand, Menschenrecht und Neutralität in innerstaatlichen bewaffneten Konflikten umgegangen werden soll. Dabei sind Friedensverhandlungen mit einem politisch-militärischen Akteur wie der FARC-EP ein eindeutiges Zeichen, dass eine Regierung diesen Akteur auch politisch anerkennt. In der Geschichte der FARC-EP geschah dies bereits mehrmals, auch mit internationaler Begleitung. Mit den Friedensgesprächen ab dem Jahr 2012, die schließlich im Jahr 2016 in einen Friedensvertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP mündeten, ist die Anerkennung als politischer Akteur und Kriegspartei eindeutig bewiesen. Mit dem Friedensprozess und dem Friedensvertrag hat der kolumbianische Staat logischerweise auch einen bewaffneten Konflikt bzw. einen Bürgerkrieg anerkannt, den er jahrelang negierte.

Das internationale Recht, bzw. die Genfer Konventionen, sehen in Bezug auf die Anerkennung einer politischen Organisation bzw. Kriegspartei in Kriegen folgende Punkte als wichtig für die Beurteilung an: Die Organisation muss politische Ziele verfolgen, die Organisation muss eine politische Führung und Leitung besitzen, die Organisation muss disziplinarische Strukturen innerhalb ihrer Streitkräfte unterhalten, die Organisation muss Territorien innerhalb eines Landes kontrollieren und zu guter Letzt muss die Organisation die Gepflogenheiten und das internationale Recht in Kriegen respektieren. Einige der Punkte stehen im Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II). Die Ursprünge der FARC-EP lagen in der vorherrschenden sozialen Ungerechtigkeit, in der Verteidigung sozialer Rechte und in der Selbstverteidigung von Bauern gegen marodierende paramilitärische Gruppen. Sie hatte klare politische Ziele und diese wurden auf Kongressen und Konferenzen unter Einbeziehung ihrer Mitglieder definiert und beschlossen. Als eine politisch-militärische Organisation gab es innerhalb der FARC-EP klare Befehls- und Entscheidungsstrukturen mit Verantwortlichkeiten sowie disziplinarischen Regularien und Anordnungen. In vielen Gebieten Kolumbiens übte die Organisation die militärische, politische und soziale Macht aus.

In den vorangegangenen Punkten sowie mit dem abgeschlossenen Friedensvertrag im Jahr 2016 wird deutlich, dass es sich bei der FARC-EP um einen politisch anerkannten Akteur gemäß der Genfer Konventionen handelt. Geregelt wird in hierbei im Artikel 6 mit Namen „Strafverfolgung“ auch die Freilassung der beteiligten Personen. So heißt es im Artikel 6 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II), angenommen in Genf am 8. Juni 1977: „Bei Beendigung der Feindseligkeiten bemühen sich die an der Macht befindlichen Stellen, denjenigen Personen eine möglichst weitgehende Amnestie zu gewähren, die am bewaffneten Konflikt teilgenommen haben oder denen aus Gründen im Zusammenhang mit dem Konflikt die Freiheit entzogen wurde, gleichviel ob sie interniert oder in Haft gehalten sind.“ Folgerichtig muss Simón Trinidad als Mitglied und inhaftierte Person der ehemaligen FARC-EP unter diese internationale Richtlinie fallen und freigelassen werden.

Ein weiterer juristischer Aspekt im Fall von Simón Trinidad ist die Weigerung, ihn nicht an der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden teilhaben zu lassen. Die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (Jurisdiccion Especial para la Paz – JEP) ist der wichtige juristische Bestandteil des Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung (SIVJRNR), welches im fünften Punkt des Friedensabkommens vereinbart wurde. Das System schließt an ein im Dezember 2016 erlassenes Amnestiegesetz an. Diese Sondergerichtsbarkeit für den Frieden ist das Rückgrat des Friedensprozesses, schließlich erhoffen sich damit alle am Konflikt beteiligten Akteure Strafminderung bzw. Amnestie, wenn sie im Gegenzug bei der Aufklärung der Wahrheit und bei Akten der Wiedergutmachung mitmachen. Politische Gefangene müssen freigelassen werden und ihnen schließlich die Teilnahme an der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden ermöglicht werden. Bisher wird dies Simón Trinidad verweigert und die kolumbianische Regierung meint, sie könne sich nicht in das US-amerikanische juristische Verfahren einmischen. Wir meinen jedoch, die Genfer Konventionen und auch der mit internationaler Begleitung entstandene Friedensvertrag sollten dies möglich machen.

Interview mit Mark Burton (Anwalt von Simón Trinidad)

Interview von Danna Urdaneta, Comité de Solidaridad Internacional – COSI (Internationales Solidaritätskomitee – COSI), mit Mark Burton, Anwalt von Simón Trinidad. Veröffentlicht auf Alba TV am 18. November 2019 (http://www.albatv.org/Que-va-a-pensar-la-gente-de.html), übersetzt auf Deutsch von der Internationalen Kampagne zur Freilassung von Simón Trinidad.

Was werden die Menschen in Kolumbien denken, wenn Simón Trinidad dort ankommt? „Sie werden mehr Vertrauen in den Friedensprozess haben“, sagt Mark Burton

Simón Trinidad, die Musik und die Literatur

Danna Urdaneta (DU): Die venezolanische Sängerin Chiche Manaure schrieb das Lied Simón Trinidad [1], Zitat: „Der kolumbianische Berg ist ein Gedicht in deinem Körper / Bolivarische Zärtlichkeit, die das Imperium nicht befleckt / kalte Ketten des Hasses in deinen Handgelenken gelegt / auf deinen Knöcheln beabsichtigen sie, unsere Träume einzusperren“. Wie bezieht sich dieses Lied auf die Figur von Simón Trinidad? Warum macht eine Venezolanerin wohl solche Hommage?

Mark Burton (MB): Sie komponierte ein Lied mit dem Titel Simón Trinidad. In den Texten dieses Liedes vergleicht sie ihn mit den Bergen Kolumbiens als etwas Starkes, Immenses und Schönes. Es ist ein sehr großes Bild, aber dann sagt sie, dass das Imperium, wie die Vereinigten Staaten, ihn einsperrt und dem lateinamerikanischen Volk die Träume wegnimmt. Es ist sehr poetisch und das Bild ist, dass das Imperium – vorerst jedenfalls – etwas Starkes, Wichtiges, Schönes gestohlen hat, wie die kolumbianischen Berge. Und er stahl auch allen Lateinamerikanern etwas. Es überrascht mich nicht, dass eine venezolanische Sängerin Simón Trinidad lobt, weil er eine kolumbianische Figur und Person ist, aber darüber hinaus ist er ein Vorbild für ganz Lateinamerika. Simón hatte in seinem früheren Leben ein komfortables Leben, aber er überließ alles dem Kampf, für soziale Gerechtigkeit und für die Souveränität seines Landes. Er hat seinen Kampf auf eine völlig selbstlose Art und Weise gemacht. Trotz aller Repression, Inhaftierung, setzt er seine Vorstellungen von einem souveränen Lateinamerika fort, wie es Bolívar für eine gerechte Gesellschaft vorgeschlagen hat. Deshalb spricht eine venezolanische Sängerin wie Chiche Manaure, aber auch Dichter wie Marcos Ana [2], der älteste politische Gefangene des Franquismus, von diesem Patrioten aus Lateinamerika, weil er eine Figur ist, die man als heldenhaft bezeichnen kann, der ein Beispiel für einen uneigennützigen Kämpfer für die Souveränität der Region ist.

DU: Es gibt zwei Kolumbianer, die diesem Helden Tribut zollen. Diomedes Díaz erwähnt ihn 1984 in seinem Lied Die Welt [3]. Aber Jorge Enrique Botero, Gründer von teleSUR, schrieb über Simón Trinidad. „Der Eiserne Mann“, die Biographie [4] eines Angeklagten. Warum wollen Menschen aus verschiedenen Bereichen der kolumbianischen Gesellschaft Simón sichtbar machen?

MB: Diomedes Díaz war ein Bewunderer von Ricardo Palmera, bevor er zu Simón Trinidad wurde mit seinem Eintritt in die ehemalige FARC-EP. Sie lebten in der gleichen Stadt, Valledupar, und Ricardo Palmera war ein Bankier in der Stadt. Diomedes Diaz war Analphabet und als er diese Bank betrat, in der Simón arbeitete, half Simon ihm immer, erklärte ihm immer alles, er hatte viel Geduld für diesen Mann. Dieser Mann war ein großer Bewunderer von Ricardo Palmera, also schrieb er dieses Lied für ihn, es war nicht nur etwas Persönliches. Ricardo Palmera war eine Person in Valledupar, die sich immer für die Ärmsten, für die Bedürftigsten einsetzte [5], wie die ärmsten Studenten von Cesar, weshalb er die Universidad Popular del Cesar gründete. Deshalb war Diomedes sein Bewunderer, wie auch für viele andere arme Menschen.

Ein anderer Kolumbianer, der viel über ihn gesprochen und viel geschrieben hat, ist Botero. Er ist ein großer Journalist aus Kolumbien, ein Chronist des Bürgerkriegs, des bewaffneten Kampfes und das allen. Und er hat viele Dokumentationen und Artikel über den bewaffneten Kampf in Kolumbien gemacht. Aber Botero hatte immer etwas Besonderes im Herzen für Simón Trinidad, denn er machte Simóns Biographie, er kennt seine ganze Familie, recherchierte sein ganzes Leben und blieb weiterhin ein Bewunderer von Simon Trinidad, besorgt über seine Zustände im Gefängnis, seine Freiheit und all das. Wirklich, das ist nicht überraschend, die Wahrheit ist, dass viele Menschen Simón Trinidad bewundern. Ihn zu kennen, ist, ihn zu bewundern, denn er ist ein intelligenter, menschlicher und auch sehr beständiger Mann in seinen politischen und gesellschaftlichen Ideen. Es gibt nicht viele Menschen wie ihn im Leben. Er ist eine Person, wo das schlimmste Gefängnis Amerikas nicht in der Lage war, ihn zu brechen. Er ist ein Mensch, der mit seiner Entschlossenheit, mit seinen Ideen, mit seinem Charakter, nur damit, die Bewunderung wert ist.

Simón Trinidad, Solidarität in Venezuela und die Täuschungen gegen ihn

DU: Auf deiner ersten Reise nach Venezuela war deine Stimme gebrochen, als du über seine Haftbedingungen [6], sein Leben und seine Kämpfe sprachst. Ich erinnere mich, wie jemand einschritt und sagte: „Wenn er weint, dann weil Simón ein guter Mensch ist.“ Warum übernimmt ein Gringo die Verteidigung eines Kolumbianers?

MB: Nun, Danna, diese Traurigkeit, diese Tränen und all das sind komplexe Dinge. Es sind Tränen der Traurigkeit, denn er sitzt allein inmitten der Vereinigten Staaten im Gefängnis, weit weg von seinem Land, seiner Familie, seinen Freunden, seinem Leben. Aber sie sind auch Tränen der Frustration, weil er so ein fähiger Mensch mit so viel Wissen und Weisheit ist. Es ist sehr frustrierend, dass er aus politischen Gründen im Gefängnis sitzt. Deshalb. Und es sind auch Tränen der Wut! Weil das, was ihm widerfuhr, so unfair, so schrecklich war, dass es in mir Frustration, Traurigkeit, Wut, alles zusammen auslöst.

DU: Am 3. Mai 2019 sprachen Sie von Simón Trinidad in Dossier [7] mit Walter Martínez. Sie betonten die Täuschung, die Uribe und Gefolgsleute gegen ihn schmiedeten. Sie sagten auch, dass sie Dokumente haben, die den Betrug beweisen. Können Sie uns sagen, wie das alles begann?

MB: Simón war ein Opfer vieler Täuschungen. Wir können sagen, Täuschungen in Kolumbien und in den Vereinigten Staaten. In Kolumbien, als Simón 1987 der FARC-EP beitrat, war er als Professor, Intellektueller, nicht als Befehlshaber bekannt. Alle Dokumente, die ich über den militärischen Geheimdienst habe, von der kolumbianischen Polizei, sagen das: dass er ein Intellektueller war. Aber Ende 1998 war er in den Friedensgesprächen von Caguán ein Gesprächspartner der Guerilla, wegen seiner Intelligenz, seines Wissens, seines Studiums. Er begann, eine noch öffentlichere Person als vorher zu werden. Er selbst sprach mit der Regierung, mit Diplomaten aus anderen Ländern und mit den Medien. Dadurch wurde sein Bild bekannter. Als der Friedensprozess im Jahr 2002 scheiterte, begann ein schmutziger Krieg, um das Land niederzubrennen, weil die Regierung Uribe dachte, dass sie, um die FARC-EP zu töten, die Dörfer töten muss, die die FARC-EP unterstützen, die Bauern, die Menschen. Dann gab es einen Krieg, der von Clinton und Bush finanziert wurde, um einen Krieg gegen die Bevölkerung zu führen, einen Krieg gegen die kolumbianische Bevölkerung des ländlichen Raums (besser bekannt als die Doktrin der demokratischen Sicherheit). Dieser Krieg beinhaltete eine Hexenjagd gegen die Guerilla und gegen Simón, um ihn für seine Rolle in den Dialogen zu bestrafen, weil er der FARC-EP zu einem positiven Bild verhalf. Die herrschende Klasse begann zu sagen, dass Simón ein großer Befehlshaber des Zentralstabes der FARC-EP war, um ihn zu beschuldigen, als intellektueller Autor Verbrechen begangen zu haben. Man sagte, dass er ein Befehlshaber war, der Kriegsverbrechen anordnete. Aber es ist alles eine Lüge, Uribe und sein Geheimdienst sagten, er sei die Nummer 26 im Zentralstab, aber es gab nur 25 Mitglieder in dieser Instanz.

Er selbst hat diese Fälle verhandelt und mehrere gewonnen. Weil die Gerichte erkannt haben, dass es kein großer Befehlshaber war. Aber als er am 1. Januar 2004 in Quito gefangen genommen wurde, wissen wir dank Wikileaks, dass es am 4. Januar eine Botschaft des US-Botschafters in Kolumbien an Washington gibt, die besagt, dass Uribe Simón in die Vereinigten Staaten schicken will, aber es gibt keine Untersuchung oder keinen Rechtsfall über ihn. Aus diesem Grund begann Uribe, einen Fall zu konstruieren, der besagte, dass Simón, während er in Caguán war, sich verschworen hatte, Kokain in die Vereinigten Staaten zu schicken. Später dann wollten sie ihn in dem Fall der amerikanischen Vertragspartner involvieren, die Kriegsgefangene der Aufständischen waren. Er hatte auch nichts damit zu tun.

Friedensdialoge, Stigmatisierungen und bolivarische Solidarität

DU: Es kamen die Friedensgespräche in Havanna [9] und es war nicht möglich, Simón an den Verhandlungstisch zu bringen [10]. Wie ist es möglich, Simón Trinidad mit der aktuellen Eskalation des Konflikts in sein Land zurückzuholen?

MB: Es war schon immer der Wunsch vieler Menschen, Simón zu den Friedensgesprächen in Havanna mit der kolumbianischen Regierung zu bringen, aber es wurde nicht erreicht. Jetzt gibt es auch viele Menschen, die Simón wieder in Kolumbien sehen wollen. Jetzt ist es etwas komplizierter, weil der Friedensprozess in ernsten Schwierigkeiten ist. Es gibt einen Teil der alten FARC-EP, der zu den Waffen gegriffen hat und der Meinung ist, dass es sich nicht lohnt, diesen Friedensprozess fortzusetzen, weil es keine Garantien gibt. Andere sagen ja, es lohnt sich, es ist möglich, legal zu kämpfen. Aber es ist immer noch möglich, dass Simón in sein Land zurückkehrt. Schauen sie, was werden die Menschen in Kolumbien denken, wenn Simón Trinidad dort ankommt? Sie werden mehr Vertrauen in den Friedensprozess haben. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Es gibt ein internationales Abkommen zwischen Kolumbien und den Vereinigten Staaten, da kann man etwas tun, weil beide Länder gute Beziehungen unterhalten. Kolumbien kann Simón auch für die Fälle ausliefern, die jetzt in seinem Land eröffnet wurden.

Als ich im September in Kolumbien war, wurde deutlich, dass Kolumbien seine Stimme für den Wiedereingliederungsprozess hören wollte. Ich habe mit der Wahrheitskommission gesprochen und sie wollen mit Simón sprechen. Sie glauben, dass Simón eine sehr wichtige Person ist, die dem kolumbianischen Volk viel über seine Geschichte und über die kolumbianische Zukunft beitragen kann. Ich habe mich auch mit Patricia Linares, der Präsidentin der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, getroffen, und diese Gerichtsbarkeit möchte auch, dass Simón dabei ist. Aber ich bezweifle, dass die Gringo-Behörden Simón teilnehmen lassen werden. Dann werden wir hier kämpfen. Ich bat um den Besuch eines kolumbianischen Anwalts bei Simón, Diego Martinez. Doch das Gefängnis verweigerte es. Aber das war noch nicht genug, die Einwanderungsbehörden ließen ihn nicht einmal herein. Deshalb suchen wir die größtmögliche Einheit für die Kampagne zur Freilassung von Simón mit allen Kräften, die sich zusammentun wollen. Wir streben auch die Einheit für alle politischen Gefangenen Kolumbiens an. Deshalb brauchen wir die Einheit aller bolivarischen Kräfte, um Solidarität anzubieten.

DU: Es gibt Menschen, die sich nicht mit Simón Trinidad solidarisch zeigen, weil sie Angst haben wegen der Assoziation der kolumbianischen Guerilla mit Terrorismus und Drogenhandel. Man könnte meinen, Solidarität mit Simón zu zeigen bedeutet, den bewaffneten Kampf oder die FARC-EP (Zweites Marquetalia) zu befürworten. Es gibt viele Menschen, die nicht alle Formen des Kampfes befürworten und sie sehen Simón als Symbol dafür. Aber es gibt noch mehr Menschen, die mit dem Drogenhandel nicht einverstanden sind. Sie verbinden den seit dem 20. Jahrhundert in Kolumbien existierenden nationalen Befreiungskrieg jedoch nicht mit den Ursachen der großen Internationalisten wie Simón Bolívar und Francisco de Miranda. Wie kann ich mich mit Simón solidarisieren, wenn ich mit dem bewaffneten Kampf oder dem Drogenhandel nicht einverstanden bin?

MB: Nun, es gibt Leute, die Simón Trinidad für ein Symbol bewaffneter Kämpfe halten. Aber das ist das Geringste. Es gibt Menschen, die Simón Trinidad auf verschiedene Weise sehen. Früher war er Guerilleros der FARC-EP. Im Laufe der Zeit und dank der Informationen, die aus dem Friedensprozess von Havanna herausgekommen ist (und auch, weil Uribes Propaganda nicht so gut funktioniert wie zuvor), sehen sie ihn nun als Symbol für andere Dinge: ein Kolumbien in Frieden, ein Kolumbien mit mehr sozialer Gerechtigkeit. Es gibt viele Menschen, die sich auch an das erinnern, was Simón früher war: der Universitätsprofessor und Doktor der Wirtschaftswissenschaften Ricardo Palmera an der Universidad Popular del Cesar. Eine sehr gebildete Person in Ökonomik, spezialisiert auf das landwirtschaftliche Thema und viele andere Sachen. Und auch ein Mann, der von klein auf für den Frieden war, wie als er in der Partei Causa Común kämpfte, die er mit Imelda Daza gründete, dann in der Unión Patriótica und dann in der FARC-EP. Und jetzt kämpft er auch im Gefängnis. Nicht jeder sieht Simón Trinidad als Symbol des bewaffneten Kampfes im Bürgerkrieg, er ist ein Symbol, das darüber hinausgeht. Nun, die Menschen aus der Linken schätzen ihn sehr, aber auch andere Menschen schätzen ihn als Symbol des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und mit viel Liebe zu seinem Land.

Quellen:

[1] La Chiche Manaure – Simon Trinidad. Disponible en: https://albaciudad.org/p/?30306

[2] Exclusiva: El último poema de Marcos Ana, a „Simón Trinidad“. Disponible en: https://www.pacocol.org/index.php/noticias/cultura/1135-exclusiva-el-ultimo-poema-de-marcos-ana-a-simon-trinidad

[3] 11 EL MUNDO – DIOMEDES DÍAZ & COLACHO MENDOZA (1984 EL MUNDO). Disponible en: https://www.youtube.com/watch?v=wimvuyInkXI

[4] „Simón Trinidad es un hombre de hierro“, entrevista a Jorge Enrique Botero. Disponible en: http://lanzasyletras.com/simon-trinidad-es-un-hombre-de-hierro-entrevista-a-jorge-enrique-botero/

[5] Campaña Internacional por la libertad de Simón Trinidad. 27 de julio de 2019 https://www.youtube.com/watch?v=CGiJO8juLSg&pbjreload=10

[6] Desde la cárcel en EE.UU. Simón Trinidad denuncia torturas y trato indigno. 23 de noviembre de 2015. Disponible en: https://www.youtube.com/watch?v=oe4jdNLLpGU

[7] Abogado estadounidense Mark Burton entrevistado por Walter Martínez en Dossier. 03 de mayo de 2019. Disponible en: https://www.youtube.com/watch?v=z6-HY9KB-do&t=2s

[8] Memorias del Proceso de Paz con las FARC, Informe de la Oficina del Alto Comisionado para la Paz: Construcción de un proceso con las FARC, durante la presidencial de Andrés Pastrana. Disponible en: https://www.youtube.com/watch?v=3HLVG8eOqQA&pbjreload=10, Simón Trinidad aparece en el minuto 33 en una gira en Europa.

[9] FARC reclama incorporación de Simón Trinidad en diálogos de paz. 03 de agosto de 2013. Disponible en: https://prensarural.org/spip/spip.php?article11530

[10] Carta Abierta A Simón Trinidad. 19 de enero de 2017. Disponible en: http://www.farc-ep.co/comunicado/carta-abierta-a-simon-trinidad.html