Tag des kolumbianischen politischen Gefangenen

Am 15. Oktober 1973, gegen sechs Uhr nachmittags in Medellín, nahmen Mitglieder der IV. Brigade der Armee den Gewerkschaftsführer Luis Carlos Cárdenas fest, setzten ihn in ein Fahrzeug und richteten ihn außergerichtlich hin. Aus diesem Grund wird an diesem Tag, am heutigen 15. Oktober, der Tag des politischen Gefangenen in Erinnerung an die politischen Kämpfer*innen und sozialen Aktivist*innen begangen, die von den staatlichen Sicherheitskräften festgesetzt und ermordet wurden und in einer noch weit größeren Anzahl inhaftiert sind.

Einen Grund zum Feiern gibt es nicht, denn die unmenschlichen und erbärmlichen Bedingungen, unter denen die politischen Gefangenen leben, erlauben uns nur, auf ihre Situation aufmerksam zu machen und an die gefallenen Genoss*innen zu erinnern. Der 15. Oktober zeigt auch, dass wir die politische Verantwortung für die Inhaftierten haben. Wir sind diejenigen, auf denen die Hoffnung liegt, die gegenüber der Öffentlichkeit erklären, aufzeigen und aufklären.

Auch Simón Trinidad ist ein politische Kämpfer und Inhaftierter, dem am heutigen Tag unsere Aufmerksamkeit gilt. Seit mehr als 15 Jahren ist er in den Vereinigten Staaten als kolumbianischer Revolutionär inhaftiert. Eingesperrt ist er im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado. Dort verbüßt er eine 60-jährige Haftstrafe in Einzelhaft, abgeschottet von der Außenwelt, trotz seines fortgeschrittenen Alters und seiner gesundheitlichen Beschwerden. Simón, du bist nicht vergessen. Freiheit für Simón und alle politischen Gefangenen in Kolumbien und weltweit!

Artikel in der Zeitschrift Gefangenen Info

Das Gefangenen Info ist eine Zeitschrift zu Widerstand, Repression und Solidarität in der BRD und in der ganzen Welt. Es wird durch Aufklärung und Berichterstattung versucht, die Bedingungen für eine Verbindung von den Kämpfen in den Knästen mit den Kämpfen draußen zu entwickeln und auszubauen. In der aktuellen Ausgabe Nr. 431 gibt es einen Artikel vom Komitee zur Freilassung von Simón Trinidad.

Geburtstagsgruß des Komitees an Simón Trinidad

Im Rahmen des 70. Geburtstages von Simón Trinidad, Revolutionär und politischer Gefangener in den USA, sendete das Komitee zur Freilassung von Simón Trinidad in Deutschland einen kurzen Geburtstagsgruß auf Spanisch. Aus aller Welt gab es Solidaritätsbotschaften sowie eine internationale Aktion auf Twitter, um über seine Person, seinen Fall und seine Situation zu berichten sowie Solidarität zu zeigen.

Hier der Weblink zur Grußbotschaft auf Youtube

Alles Gute zum 70. Geburtstag Simón Trinidad!

Wer ist Simón Trinidad?

Simón Trinidad ist ein kolumbianischer Freiheitskämpfer und Intellektueller. Er war Mitglied der ehemaligen Guerillaorganisation Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Armee des Volkes (FARC-EP). Ende des Jahres 2003 ist er in Quito, Ecuador, gefangen genommen und später nach Kolumbien gebracht worden. Simón befand sich damals in Ecuador, weil er dort auf mögliche Friedensgespräche zwischen der Guerillaorganisation, dem kolumbianischen Staat und den Vereinten Nationen (UNO) hinarbeitete.

Sofort nahm der damalige Präsident von Kolumbien, der rechtsextreme und mit paramilitärischen Gruppen in Verbindung stehende Álvaro Uribe Vélez Kontakt zum US-amerikanischen Botschafter in Kolumbien auf, und forderte die Auslieferung von Simón.

So ist Simón Anfang 2004 unter falschen Anschuldigungen in die Vereinigten Staaten ausgeliefert worden. Dort waren vier Gerichtsverfahren nötig, um Simón wegen nur einer der zahlreichen und falschen Anklagepunkte zu verurteilen. Zuerst wurde ihm die Beteiligung an einem Drogengeschäft vorgeworfen; diese Anschuldigung musste jedoch anhand nicht vorhandener Beweise zurückgenommen werden. Danach wurde er beschuldigt sich bei der angeblichen Entführung drei US-amerikanischer Spione Anfang 2003 beteiligt zu haben. Simón hat jedoch keinerlei Verbindung zu diesen Ereignissen. Er hat niemals den geringsten Kontakt zu den drei US-amerikanischen Staatsbürgern gehabt.

Simón Trinidad ist also ein politischer Gefangener. Er ist im Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado, USA, eingesperrt. Dort verbüßt er eine 60-jährige Haftstrafe in Einzelhaft, abgeschottet von der Außenwelt, trotz seines fortgeschrittenen Alters und gesundheitlichen Beschwerden.

Das Friedensabkommen von 2016

Ende 2016 haben die FARC-EP und der kolumbianische Staat ein Friedensabkommen abgeschlossen. Während der Friedensverhandlungen in Havanna war für die FARC-Mitglieder und anderen Aktivisten die Hoffnung aufgekommen, die Freilassung Simóns, oder zumindest seine Rückführung nach Kolumbien erringen zu können. Nichts von alledem ist eingetroffen. Weder der kolumbianische, noch der US-amerikanische Staat, haben etwas in diese Richtung getan.

In der Gegenwart droht das Friedensabkommen von 2016 an der Nichteinhaltung der kolumbianischen Regierung und der paramilitärischen Gewalt im Lande zu scheitern. Mindestens 215 ehemalige FARC-Mitglieder, sowie zwischen 600 und 800 soziale Aktivisten sind bereits seit dem Abschluss des Friedensabkommens von paramilitärischen Gruppen ermordet worden. Diese Gruppen haben starke Verbindungen zu Teilen der kolumbianischen Armee und Regierung.

Im Rahmen des Friedensgespräches wurde Simón in der im Abkommen ausgehandelten Sondergerichtsbarkeit und im Verfahren zur Wiedereingliederung in das Zivilleben aufgenommen. Nichtsdestotrotz sitzt Simón immer noch im Gefängnis in Colorado, sowie weitere hunderte Gefangene der FARC-EP in kolumbianischen Haftanstalten. 

Als anerkannter Friedensverhandler mit langjähriger Erfahrung könnte Simón eine wichtige Rolle bei der Versöhnung der kolumbianischen Gesellschaft spielen und sollte sofort freigelassen und in sein Heimatland zurückgeführt werden.

Was tun?

Am 30. Juli wird Simón 70 Jahre alt. Deshalb wollen wir an diesem Tag eine massive Twitteraktion durchführen. Dabei werden wir die folgenden Hashtags benutzen und folgende Twitter-Accounts erwähnen:

#FreeSimonTrinidad

@realDonaldTrump

@SimonTrinidadLi

@IvanDuque

@JEP_Colombia

In Deutschland soll die Twitteraktion um 17:00 Uhr starten. Ziel ist es durch gemeinsames gleichzeitiges twittern auf internationaler Ebene eine positive Resonanz zu erreichen und somit Simóns Fall sichtbar zu machen. Außerdem möchten wir Euch herzlich einladen Simón, entweder als Einzelperson oder als Organisation, einen Gruß zu seinem 70. Geburtstag zu schicken. Die Geburtstagsgrüße können auch gerne als Videobotschaften und Bilder versendet werden! Folgende Mailadresse kann dafür genutzt werden:

simontrinidadlibre@gmail.com

Simóns Anwalt Mark Burton äußerte bei einem Interview von 2019 er habe auf juristischer Ebene bereits alle Wege zur Freilassung Simóns erfolglos versucht. Nun müsse man eine politische Lösung für den Fall Simón Trinidad fordern, so Mark weiter. Ein politisches Abkommen für die Freilassung und Rückführung Simóns in sein Heimatland ist also dringend nötig! Dafür müssen wir den ungerechten und erniedrigenden Umgang des kolumbianischen und des US-amerikanischen Staates gegenüber Simón anprangern und auf der ganzen Welt sichtbar machen! Wir fordern eine politische Lösung für den Fall Simón Trinidad! Eure Solidarität ist uns dabei sehr wichtig!

Aktion auf Twitter zum 70. Geburtstag von Simón Trinidad

International gibt es immer mehr Bestrebungen, den 70. Geburtstag von Simón Trinidad, der im US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado inhaftiert ist, für öffentlichkeitswirksame Aktionen zu nutzen. Nun gibt es einen mehrsprachigen Aufruf, dass auf dem sozialen Netzwerk Twitter massiv für Simón Trinidad Hashtags gesetzt und über ihn informiert werden soll. Zudem können unter einer bestimmten Adresse Grüße und Botschaften hinterlassen werden. Des Weiteren gibt es international von verschiedenen Gruppen und Organisationen weitere Bestrebungen, den 70. Geburtstag von Simón Trinidad zu nutzen, um seine Freilassung zu fordern.

Gesprächsrunde zu politischer Haft und solidarischem Internationalismus

OtraTV und die Partei FARC haben mit mehreren Gästen, darunter unter anderem der Anwalt von Simón Trinidad, Mark Burton, eine Gesprächsrunde zu politischer Haft und solidarischem Internationalismus abgehalten. Im Fokus stand dabei der in den USA inhaftierte ehemalige kolumbianische Kommandant der FARC-EP, Simón Trinidad. Die anderthalbstündige Diskussion auf Spanisch kann unter folgendem Weblink angesehen werden:

Gepostet von Fuerza Alternativa Revolucionaria del Comun am Dienstag, 19. Mai 2020

Tragödie in Kolumbien wegen COVID-19-Pandemie in Gefängnissen

Wie groß die Krise in den Gefängnissen in Kolumbien ist und wie schlecht es um die Inhaftierten aussieht, zeigt sich deutlich während der COVID-19-Pandemie. Bereits seit Monaten warnen soziale Organisationen und Menschenrechtsorganisationen vor dem Virus und einer Gefährdung der Inhaftierten. Denn die kolumbianischen Gefängnisse sind überbelegt, es fehlt an einer ausreichenden Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung, Krankheiten grassieren sowie Korruption. Die Gefängnisbevölkerung ist dem Virus schutzlos ausgeliefert, Sicherheitsvorkehrungen fehlen. In der zurückliegenden Zeit kam es zu vielseitigen und auch tödlichen Protesten.

Am 11. April wird in Kolumbien der erste Todesfall aus dem Gefängnis in Villavicencio (Meta) bekannt. Es ist ein 78-jähriger Mann mit Atemwegsvorerkrankungen. Sechs Tage später, am 17. April, meldet die staatliche Gefängnisbehörde INPEC bereits drei Todesfälle und 20 Erkrankte aus dem Gefängnis in Villavicencio. Es ist der Beginn einer massenhaften Ausweitung auf andere Gefängnisse, die vor allem durch den Transport von Gefangenen von Villavicencio in andere Gefängnisse des Landes beschleunigt wird. So werden am 18. April zwei Fälle aus dem Gefängnis La Picota in der Hauptstadt Bogotá bekannt, die zuvor in Villavicencio inhaftiert waren.

Schon am 19. April erreicht das Virus durch die Verlegung eines Inhaftierten aus Villavicencio die Haftanstalt Las Heliconias in Florencia (Caquetá). Es ist ein 35-jähriger Mann. Sicherheitsvorkehrungen finden immer noch nicht statt, obwohl sich abzeichnet, dass vor allem Häftlingstransporte neben der strukturellen prekären Situation in den Gefängnissen für die schnelle Weiterverbreitung verantwortlich sind. Am 23. April steigt die Zahl der Infizierten in Villavicencio bereits auf über 100 an, während in den folgenden zwei Tagen die ersten Fälle aus den Gefängnissen in Leticia (Amazonas) und Ibagué (Tolima) gemeldet werden. Auch hier spielt unter anderem die Verlegung von Gefängnisinsassen aus Villavicencio eine Rolle.

Am 28. April kursiert die Zahl von über 300 infizierten Inhaftierten in dem Gefängnis von Villavicencio, auch in anderen Gefängnissen steigt diese Zahl. Mit den Meldungen über neue Infiziertenzahlen kommen die Behörden in Villavicencio kaum noch hinterher. Bereits am 1. Mai sind es über 420 und am 3. Mai über 500 in dem Gefängnis. Dabei verfügt das Gefängnis in Villavicencio nach offiziellen Statistiken über eine Kapazität von 899 Plätzen und war zu Beginn der Tragödie mit über 1800 Gefangenen belegt, was damit eine Überbelegung von mehr als 100% hat. Dies verdeutlicht die schwierige Menschenrechtslage.

Für den 10. Mai wurden aus der mittlerweile mit 1700 Gefangenen belegten Haftanstalt mit seinen 300 Sicherheitsbediensteten über 850 Infizierte gemeldet. Dies ist eine unglaublich hohe Rate. Neben der Meldung von infizierten Personen aus dem Gefängnis in Barranquilla (Atlántico) oder Guaduas (Cundinamarca) ist vor allem die aktuelle Nachricht von mehr als 85 Infizierten und einem Todesfall aus dem Gefängnis in Leticia besorgniserregend. Diese Tragödie verdeutlicht umso mehr die Menschenrechtslage nicht nur in dem Land selbst, sondern vor allem in den Gefängnissen, in denen weiterhin auch Tausende politische Gefangene der Gefahr schutzlos ausgeliefert sind.

FARC fordert Zurückbringung von Simón Trinidad nach Kolumbien

Derzeit gibt es in Kolumbien wieder eine verstärkte Debatte um die Inhaftierten in den Gefängnissen, darunter natürlich auch die politischen Gefangenen und den ausgelieferten Simón Trinidad, der im ADX Florence/Colorado in den USA inhaftiert ist. Grund für die Debatte sind die prekären und unmenschlichen Bedingungen der Gefangenen, die Proteste der letzten Wochen und ein Massaker im Gefängnis Modelo in Bogotá sowie die allgemeine Gefängniskrise im Kontext der Pandemie von Corona (COVID-19).

Wir warnten bereits im letzten Monat in einem unten stehenden Artikel vor den Gefahren von COVID-19 für die Gefangenen, im Speziellen für Simón Trinidad, der aufgrund seines Alters und Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehört. Gerade für Inhaftierte ist die Zeit in der Pandemie sehr schwierig, da oftmals nur ungenügende Informationen, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen in den Gefängnissen und der gesundheitliche/psychische Zustand der Gefangenen zu einer besonderen Gefährdung führen. In den USA ist die Pandemie derzeit sehr schlimm, in Kolumbien gibt es erste Todesfälle in Gefängnissen (Villavicencio).

In einer öffentlichen Erklärung der Partei FARC wird nun nationale und internationale Solidarität mit den Gefangenen gefordert. Dabei ist auch das ehemalige Mitglied der FARC-EP, Simón Trinidad, in den Fokus gerückt. So ist einer der Forderungen: „Ricardo Palmera Pineda, bekannt als Simón Trinidad, ebenfalls Unterzeichner des Friedensabkommens von Havanna, aus humanitären Gründen in die Heimat zurückbringen, insbesondere zu der Zeit, in der die US-Behörden die Freilassung von inhaftierten Menschen aufgrund der Pandemie praktizieren.“

Dem können wir uns als Komitee zur Freilassung von Simón Trinidad im deutschsprachigen Raum nur anschließen. Gerade jetzt ist es notwendiger als je zuvor, nicht nur aus politischen Gründen – immerhin ist Simón Trinidad ebenso Teil des Friedensabkommens – sondern aus humanitären und gesundheitlichen Gründen Simón Trinidad freizulassen und nach Kolumbien zu bringen.

Erklärung der FARC im Original (Spanisch)

Sorge auch um Simón Trinidad wegen COVID-19

Die Sorge der Häftlinge sowie der Solidaritätsorganisationen für politische Gefangene überall auf der Welt vor der COVID-19-Pandemie gilt selbstverständlich auch für Simón Trinidad, der im ADX Florence im US-Bundesstaat Colorado inhaftiert ist. In den USA gelten wie in vielen anderen Ländern auch nun verschärfte Vorschriften, zum Beispiel das Verbot von sozialen Kontakten. In vielen Ländern führten die Besorgnis, die Einschränkungen und die Haftbedingungen zu Aufständen, wie in Italien oder Kolumbien. Zu der verschärften Isolation kommen ausgesetzte Rehabilitationsprogramme und kulturelle Möglichkeiten. Oftmals werden die Gefangenen mit ihrer Angst vor dem Virus und dem Gefängnisaufenthalt alleine gelassen.

In den USA sind derzeit mehr als 175.000 Menschen inhaftiert, darunter 10.000 über 60-Jährige und Tausende mehr in medizinischen Zentren der Haftanstalten mit Vorerkrankungen. Obwohl Simón Trinidad als politischer Gefangener der ehemaligen kolumbianischen Guerilla unter extremer Isolationshaft seit jeher davon beschnitten ist, sind die Sorge um die Ausbreitung des Virus auch in den Haftanstalten und die Sorge um seine Gesundheit auch bei uns vorhanden. Auch wir fordern adäquate Gesundheitsvorkehrungen, Maßnahmen der Prävention gegen COVID-19 sowie die Freilassung, gerade jetzt, wo sich Gefangene wie Simón Trinidad allein und in Isolation mit dem Coronavirus in ihrer Zelle gegenüberstehen.