Im Rahmen seiner laufenden vorläufigen Untersuchung der Lage in Kolumbien unternahm eine Delegation der Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs, die höchste gerichtliche Instanz der Welt zur Beurteilung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, im Januar 2020 eine Mission in Kolumbien. Ziel dieser Mission war es, dass die Staatsanwaltschaft konstruktive Gespräche mit den Regierungsbehörden führte, um den Fortschritt der nationalen Verfahren in Bezug auf die im Zwischenbericht von November 2012 benannten Themen zu bewerten. Darüber hinaus führte die Staatsanwaltschaft wertvolle Gespräche mit Vertretern internationaler Organisationen und Mitgliedern der Zivilgesellschaft. In Kolumbien gibt es aufgrund des über 50jährigen innerstaatlichen Konfliktes ein großes Interesse an einer Aufarbeitung.
Die Staatsanwaltschaft führte auch Konsultationen zur Entwicklung der aktuellen nationalen Bemühungen um die Rechenschaftspflicht für Straftaten nach dem Römischen Statut, einschließlich der von der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, kurz Sonderjustiz (JEP), sowie die Verfahren vor den ordentlichen nationalen Gerichten. In der Erklärung des Internationalen Strafgerichtshofes heißt es, dass die Staatsanwaltschaft die weitere konstruktive Zusammenarbeit mit der kolumbianischen Regierung, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft aufrecht erhalten wird und vor allem ihre Unterstützung für den Friedensprozess in Kolumbien und für die Umsetzung umfassender Maßnahmen zur Erreichung der Gerechtigkeit bekräftigt.
Die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden ist eines der elementaren Säulen der zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-EP vereinbarten Friedensabkommens, dass unter internationaler Begleitung zustande kam. In der Sonderjustiz haben alle im innerstaatlichen Konflikt beteiligten Akteure die Möglichkeit, an der juristischen Aufarbeitung der im Konflikt begangenen Verbrechen mitzuwirken. Die Sonderjustiz ist Bestandteil des Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung.
In diesem Zusammenhang weist die Staatsanwaltschaft erneut auf die Bedeutung der JEP und die Notwendigkeit hin, ihre Integrität und Unabhängigkeit zu wahren sowie die erforderlichen Ressourcen und Unterstützung bereitzustellen, um dieses wichtige Mandat auszuführen. Die Staatsanwaltschaft des Internationalen Gerichtshofes ist bereit, die Bemühungen der JEP um die Entwicklung geeigneter Mechanismen, Techniken und Verfahren mit dem Ziel zu unterstützen, Entscheidungen zu treffen, die sowohl rechtlich als auch sachlich mit den Zulässigkeitsanforderungen des Römischen Statuts vereinbar sind. Die Staatsanwaltschaft betont auch, wie wichtig es ist, strenge und wirksame Maßnahmen und Systeme für die ordnungsgemäße Umsetzung, Überprüfung und Überwachung der von der JEP verhängten Sanktionen zu entwickeln, insbesondere derjenigen, die die Freiheit einschränken.
Schließlich betont die Staatsanwaltschaft, wie wichtig es ist, dass die nationalen Stellen uneingeschränkt mit der Sonderjustiz JEP zusammenarbeiten, indem sie auch die für die Erfüllung ihres Auftrags erforderlichen Informationen, insbesondere die Übermittlung der in allen Verfahren gesammelten Informationen, zügig bereitstellen. Hierbei sei erwähnt, dass es Simón Trinidad bisher aufgrund der Weigerung der USA nicht möglich ist, trotz seiner geäußerten Bereitschaft, mit der Sonderjustiz zusammen zu arbeiten. Er befindet sich weiterhin im Hochsicherheitsgefängnis ADMAX Colorado in Florence (USA), obwohl er als ehemaliges Mitglied der FARC-EP, einen Anspruch auf Anhörung und Mitwirkung in der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) in Kolumbien hat.