Das Leben und Wirken von Simón Trinidad
Die internationale Kampagne zur Freilassung von Simón Trinidad existiert mittlerweile in verschiedenen Ländern. Sie setzt sich für die Freilassung des ehemaligen Mitgliedes der FARC-EP ein, will aber auch über die Umstände im Gefängnis sowie generell über die Repression gegen die linke Bewegung informieren. Es ist eine moralische und politische Pflicht eines jeden Demokraten und Revolutionärs, die Bemühungen um die Freiheit des Genossen Simón Trinidad zu unterstützen, der zu Unrecht in einem Hochsicherheitsgefängnis in den USA sitzt.
Simón Trinidad, deren bürgerlicher Name Juvenal Ovidio Ricardo Palmera Pineda ist, wurde im Juli 1950 in Valledupar (Cesar) als Mitglied einer wohlhabenden Familie geboren. Er besuchte die Schule Nacional Loperena. Sein Abitur begann er in Bogotá und beendete die letzten zwei Jahre an der Marineschule von Cartagena. In Bogotá studierte er mit dem Schwerpunkt der Wirtschaftswissenschaften und machte schließlich auch ein Postgraduiertenstudium in Harvard.
Er arbeitete bei der Bank Caja Agraria in Valledupar im Norden Kolumbiens als Finanzberater und heiratete Margarita Russo, die auch Angestellte der Bank in Barranquilla war. In ihrer Ehe bekamen sie zwei Kinder. Er widmete sich zudem des kleinen Familienhofes, insbesondere der Baumwollkulturen. Simón Trinidad war Teil des Verwaltungspersonals der Universität Popular del Cesar und Professor für Wirtschaftsgeschichte Kolumbiens an der Fakultät für Verwaltungswissenschaften. Er ist auch Regionalmanager der Caja Agraria in der Niederlassung Valledupar der Handelsbank gewesen. Durch seine Arbeit kannte er also die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen. Sie waren ihm nicht gleichgültig.
1979 wurde er für fünf Tage inhaftiert, weil er als Sympathisant der Guerilla galt. Die Familie schafft es, seine Freilassung zu erreichen. 1981 leitete er zusammen mit Jaime Sierra, Tomás Agudelo und Federico Palacios Romaña eine Gruppe mit dem Namen „Los Independientes“ (Die Unabhängigen). Es ist eine Gruppe mit marxistischer und leninistischer Ausrichtung. Als die Unión Patriótica (Patriotische Union – UP) als linke Partei aus den Vereinbarungen zwischen der damaligen FARC-EP (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Volksheer) und der Regierung von Belisario Betancur hervorging, zögert Simón Trinidad nicht, die Initiative zu unterstützen und sich dann aktiv in seinem Teil des Landes zu engagieren. Er wird kämpferisch aktiv.
Der systematische Mord an der Unión Patriótica und der Kommunistischen Partei berührt die Region mit großer Ernsthaftigkeit. Juvenal Ovidio Ricardo, ist bereit, den Kampf für die Revolution aus dem Untergrund fortzusetzen. 1987 beschloss er nach einem Bauernstreik auf dem symbolträchtigen Platz Alfonso López Pumarejo in Valledupar, seine Familie nach Mexiko zu schicken und sich selbst in die Sierra Nevada von Santa Marta aufzumachen, um sich der FARC-EP anzuschließen. Seine Partnerin ist die Guerillakämpferin Lucero Palmera, ihre Tochter heißt Alix. Während des Friedensprozesses der FARC-EP mit der Regierung unter Andrés Pastrana nimmt er aktiv an den Verhandlungen teil. Nach dem Scheitern der Friedensgespräche im Jahr 2002 versucht er als Unterhändler der FARC-EP weitere Gespräche zu initiieren und ist unter anderem im Nachbarland Ecuador unterwegs.
Dort wird er 2004 während der Präsidentschaft von Álvaro Uribe Vélez gefangengenommen und an die USA ausgeliefert. Das Lügenkonstrukt des Gerichts versucht ihn mit Drogenhandel in Verbindung zu bringen. Ein von den Regierungen häufig genutztes Vergehen, das entpolitisierend und kriminalisierend zugleich sein soll. Dies funktionierte jedoch aus juristischer Sicht nicht bei ihm und so wurde er für die angebliche Entführung von drei Amerikanern verantwortlich gemacht. Die US-Amerikaner waren im Guerillagebiet als Spione enttarnt worden. Doch in jener Zeit war Simón Trinidad gar nicht in dieser Gegend und deshalb verurteilte man ihn zu Unrecht zu 60 Jahren Gefängnis.
Simón Trinidad kann damit als sogenannter „falso positivo“ (falscher Positiver) bezeichnet werden. Bei den „falsos positivos“ handelte es sich um eine Praxis, besonders unter der Präsidentschaft von Álvaro Uribe Vélez zwischen 2002 und 2010, bei der Zivilisten außergerichtlich hingerichtet wurden, um sie anschließend als Kämpfer der Guerilla auszugeben. Dadurch beabsichtigte die Armee, ihre Erfolgsquote im Kampf gegen die Guerilla zu erhöhen und Prämien zu kassieren. Heute werden darunter im Allgemeinen politische Schauprozesse und Hinrichtungen von politischen Gegnern bezeichnet.
Mark Burton ist nicht nur Menschenrechtsaktivist aus Denver in den USA, sondern auch der Anwalt von Simón Trinidad. Ein Schwerpunkt in seiner Arbeit ist der Stand der Eingliederung von Simón Trinidad in die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (Jurisdiccion Especial para la Paz – JEP). Seit Oktober 2017 ersucht Simón Trinidad den Eintritt in diese Sondergerichtsbarkeit, die das Kernstück des im Friedensvertrag vereinbarten Integralen Systems für Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung ist (Sistema Integral de Verdad, Justicia, Reparación y No Repetición – SIVJRNR). Die JEP ist verantwortlich für die juristische Aufarbeitung der im Konflikt begangenen Verbrechen und für die Verurteilung und Bestrafung direkt oder indirekt beteiligter Akteure. In der JEP aussagende und mitwirkende Mitglieder der ehemaligen FARC-EP können somit Amnestie erwirken.
Als Anwalt unterstützt Mark Burton auch die internationale Kampagne zur Freilassung von Simón Trinidad. Er begleitete den Friedensprozess in Havanna zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung. Als Anwalt sowie Menschenrechtsaktivist vertritt er ebenso die Ärmsten der Armen, so zum Beispiel Afroamerikaner*innen und Migrant*innen in den USA. Als wichtig empfindet er die Solidarität mit den politischen Gefangenen und vor allem das Aufgeben der Angst dafür kriminalisiert zu werden. Gerade im Fall von Simón Trinidad gibt es Ängste wegen der Stigmatisierung gegen ihn. Menschen, die sich für die politischen Gefangenen engagieren, engagieren sich auch für die Kämpfe aller. Während man für politische Gefangene kämpft, kämpft man auch für sein Volk, für die Gerechtigkeit aller, für die großen Themen.