Tragödie in Kolumbien wegen COVID-19-Pandemie in Gefängnissen

Wie groß die Krise in den Gefängnissen in Kolumbien ist und wie schlecht es um die Inhaftierten aussieht, zeigt sich deutlich während der COVID-19-Pandemie. Bereits seit Monaten warnen soziale Organisationen und Menschenrechtsorganisationen vor dem Virus und einer Gefährdung der Inhaftierten. Denn die kolumbianischen Gefängnisse sind überbelegt, es fehlt an einer ausreichenden Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung, Krankheiten grassieren sowie Korruption. Die Gefängnisbevölkerung ist dem Virus schutzlos ausgeliefert, Sicherheitsvorkehrungen fehlen. In der zurückliegenden Zeit kam es zu vielseitigen und auch tödlichen Protesten.

Am 11. April wird in Kolumbien der erste Todesfall aus dem Gefängnis in Villavicencio (Meta) bekannt. Es ist ein 78-jähriger Mann mit Atemwegsvorerkrankungen. Sechs Tage später, am 17. April, meldet die staatliche Gefängnisbehörde INPEC bereits drei Todesfälle und 20 Erkrankte aus dem Gefängnis in Villavicencio. Es ist der Beginn einer massenhaften Ausweitung auf andere Gefängnisse, die vor allem durch den Transport von Gefangenen von Villavicencio in andere Gefängnisse des Landes beschleunigt wird. So werden am 18. April zwei Fälle aus dem Gefängnis La Picota in der Hauptstadt Bogotá bekannt, die zuvor in Villavicencio inhaftiert waren.

Schon am 19. April erreicht das Virus durch die Verlegung eines Inhaftierten aus Villavicencio die Haftanstalt Las Heliconias in Florencia (Caquetá). Es ist ein 35-jähriger Mann. Sicherheitsvorkehrungen finden immer noch nicht statt, obwohl sich abzeichnet, dass vor allem Häftlingstransporte neben der strukturellen prekären Situation in den Gefängnissen für die schnelle Weiterverbreitung verantwortlich sind. Am 23. April steigt die Zahl der Infizierten in Villavicencio bereits auf über 100 an, während in den folgenden zwei Tagen die ersten Fälle aus den Gefängnissen in Leticia (Amazonas) und Ibagué (Tolima) gemeldet werden. Auch hier spielt unter anderem die Verlegung von Gefängnisinsassen aus Villavicencio eine Rolle.

Am 28. April kursiert die Zahl von über 300 infizierten Inhaftierten in dem Gefängnis von Villavicencio, auch in anderen Gefängnissen steigt diese Zahl. Mit den Meldungen über neue Infiziertenzahlen kommen die Behörden in Villavicencio kaum noch hinterher. Bereits am 1. Mai sind es über 420 und am 3. Mai über 500 in dem Gefängnis. Dabei verfügt das Gefängnis in Villavicencio nach offiziellen Statistiken über eine Kapazität von 899 Plätzen und war zu Beginn der Tragödie mit über 1800 Gefangenen belegt, was damit eine Überbelegung von mehr als 100% hat. Dies verdeutlicht die schwierige Menschenrechtslage.

Für den 10. Mai wurden aus der mittlerweile mit 1700 Gefangenen belegten Haftanstalt mit seinen 300 Sicherheitsbediensteten über 850 Infizierte gemeldet. Dies ist eine unglaublich hohe Rate. Neben der Meldung von infizierten Personen aus dem Gefängnis in Barranquilla (Atlántico) oder Guaduas (Cundinamarca) ist vor allem die aktuelle Nachricht von mehr als 85 Infizierten und einem Todesfall aus dem Gefängnis in Leticia besorgniserregend. Diese Tragödie verdeutlicht umso mehr die Menschenrechtslage nicht nur in dem Land selbst, sondern vor allem in den Gefängnissen, in denen weiterhin auch Tausende politische Gefangene der Gefahr schutzlos ausgeliefert sind.